Gerlinger Missionare
Gerlingen und die Mission
Geschichte der Gerlinger Missionare
Die folgenden Informationen sind den "Didaktiktafeln Johannes-Rebmann-Haus Gerlingen Missionarsstube" entnommen. Die Broschüre wurde von der Johannes-Rebmann-Stiftung herausgegeben und ist in der Missionarsstube erhältlich.
Die Geschichte der Gerlinger Missionare ist die Geschichte begabter, charakterfester und glaubensstarker Bauernsöhne, die über hundert Jahre hinweg aus enger dörflicher Heimat ins unbekannte Indien, ferne China und nach Afrika gezogen sind, um dort die frohe Botschaft des Evangeliums weiterzusagen. Als Prediger, Übersetzer und Handwerker, vor allem aber durch ihr persönliches Beispiel, versuchten sie, Menschen zum Glauben an Christus zu bewegen und Brücken zu schlagen zwischen Menschen und Kulturen. Tapfere, mutige und opferbereite Frauen standen ihnen dabei zur Seite.
Ein besonderes geistliches Klima und eine außergewöhnliche Glaubensstärke führten Anfang des 19. Jahrhunderts in Württemberg zum Widerstand gegen Aufklärung, Fortschrittsglauben und die erstarrte evangelische Amtskirche. Die daraus entstehende Erweckungsbewegung sah vor allem in der Missionierung eine neue Aufgabe für die Christenheit. Pfarrer Stange, der von 1835 bis 1865 im damals etwa 1500 Einwohner zählenden Gerlingen amtierte, kann »höheren Ortes« berichten, »dass er noch nie eine solche Gemeinde erlebt« habe, »in der eine solche Sehnsucht nach dem lauteren, evangelischen, apostolischen Wort vorhanden ist«. Darum zogen insgesamt zwölf Männer und zwei Frauen aus dem kleinen Bauern- und Weingärtnerdorf hinaus auf die fernen Missionsfelder. Alle hatten sie zuvor im 1815 gegründeten Baseler Missionshaus ihre Ausbildung erfahren.
Der erste Gerlinger, der im Jahre 1821 nach Indien ging, war Jakob Maisch. Und auch Wilhelm Maisch, der letzte Gerlinger Missionar, der bis 1924 in China missionierte, stammte aus dieser Familie. Aus der Arbeit der Missionare sind inzwischen Kirchen entstanden mit eigenem Gesicht. Heute steht in keiner dieser »jungen« Kirchen ein Europäer an der Spitze und Christen aus ihnen arbeiten als Missionare und Sendboten ihrer Kirchen bei uns. Aus dieser Partnerschaft heraus sind auch nach dem Zweiten Weltkrieg wiederum Frauen und Männer aus Gerlingen als Missionare und Entwicklungshelfer hinausgezogen in die weite Welt, diesmal vor allem nach Asien, Australien und Südamerika.
Missionare Rebmann, Zimmermann und Maisch
Johannes Rebmann (1820–1876)
1839–1844 Missionshaus in Basel
1846–1875 Missionar, Sprachforscher und Übersetzer in Mombasa, Rabbai Mpia (Ostafrika, heute Tansania) Mit ihm beginnt die ostafrikanische Mission. Straßen in Gerlingen, Korntal, Stuttgart und Lübeck sind nach ihm benannt.
1957 Rebmann-Denkmal (Gazelle, geschaffen von Fritz von Graevenitz) in Gerlingen
1970 Büste im Sitzungssaal des Gerlinger Rathauses
1993 Rebmann-Bibliothek in Kalali (Tansania)
Er will dem in Afrika nach Süden vordringenden Islam einen Wall entgegensetzen und plant, zusammen mit seinem Mitarbeiter Ludwig Krapf, quer durch den bis dahin im Innern weitgehend unbekannten Erdteil, von Mombasa im Osten bis nach Gabun im Westen, im Abstand von jeweils hundert Wegstunden Missionsstationen zu bauen.
Dazu unternimmt er ausgedehnte und nicht ungefährliche Exkursionen, um die notwendigen Kenntnisse über Land, Menschen und deren Verhältnisse zu erlangen. Dabei sieht er als erster Europäer am 11. Mai 1848 den beinahe 6000 Meter hohen schneebedeckten Kilimandscharo. Während viele Fachleute über seinen Bericht spotten, erhält er von der »Geographischen Gesellschaft« in Paris eine Ehrenmedaille.
Bescheiden schreibt er darüber nach Hause: »Ich bin ja nicht ausgegangen, um geographische Entdeckungen zu machen, sondern vor den Völkern, die in Finsternis und Todesschatten sitzen, die Erlösung und das Heil in Christo Jesu aufzudecken«. Er will ihnen »das Christentum nicht bloß geistlich, sondern ganz leibhaftig« darstellen und fordert deshalb »ernstlich, dass sobald als möglich einige fromme Bauernfamilien aus England oder Deutschland« ihn in seiner Arbeit unterstützen sollten.
Neunundzwanzig Jahre arbeitet er ohne Heimaturlaub in Ostafrika, kehrt 1875 erblindet zurück und stirbt am 4. Oktober 1876 in Korntal, wo noch heute seine Grabstätte zu sehen ist.
Johannes Zimmermann 1825–1876
1844–1850 Missionshaus in Basel
1850–1876 Missionar, Sprachforscher und Übersetzer in Christiansborg, Abokobi, Odumase (Westafrika, heute Ghana) hat Generationen von kirchlichen Mitarbeitern und Lehrern geprägt
1970 Büste im Sitzungssaal des Gerlinger Rathauses
1972 »Zimmermann-Gedächtniskirche« in Odumase eingeweiht
1976 Gedenktafel an der Petruskirche
Zimmermann erlernt das Bäckerhandwerk und bewirbt sich mit 19 Jahren um Aufnahme ins Baseler Missionshaus. Im Jahre 1844 wandert er zu Fuß dorthin. Da er nach Westafrika gehen will, erlernt er schon in der Missionsanstalt die Gã-Sprache. Im Jahre 1850 packt ihn schon wenige Wochen nach seiner Ankunft an der Goldküste das »Afrika-Fieber«. Ein afrikanischer Medizinmann heilt ihn.
Zum Entsetzen der Missionsgesellschaft heiratet er 1851 ohne deren Erlaubnis eine geschiedene Afrikanerin. Im Jahre 1854 beginnt er seine Arbeit im landeinwärts gelegenen Abokobi, wo er seine »Kolonisationspläne« verwirklichen will: Mission und Wirtschaftshilfe sollen gleichrangig den Afrikanern weiterhelfen. »Über den Acker« will er die Afrikaner gewinnen. Dabei sollen ihm Handwerker und Bauern aus der Heimat helfen.
Als »Botschafter Jesu« lebt Zimmermann als Afrikaner unter seinen Afrikanern, übersetzt die Bibel, 500 Kirchenlieder (darunter 300 eigene) und den Katechismus in ihre Gã-Sprache. Mit dem damaligen König Odenko Azzu verbindet ihn eine jahrelange, tiefe Freundschaft.
Erst als 1972 ein presbyterianischer Kirchenführer aus Ghana in Gerlingen nach dem bei ihnen hoch verehrten Johannes Zimmermann nachforschen will, erinnert man sich an den beinahe vergessenen Johannes Zimmermann, von dem es heißt: »In Afrika, seinem zweiten Vaterland, lebt er in den kommenden Geschlechtern fort; denn als Sprachforscher und Bibelübersetzer hat er einem ganzen Volksstamme Westafrikas auf alle Zeiten hinaus unvergessliche Dienste geleistet und unverwischbare Spuren seines Wirkens hinterlassen«.
Darum reist Bürgermeister Eberhard 1972 ins Manya-Krobo- Königreich. Im Jahre 1976 erwidert König Nene Nazzu Mate Kole den Besuch und enthüllt dabei an der Petruskirche eine Gedenktafel für Johannes Zimmermann. Zum 50jährigen Thronjubiläum dieses Königs, des »Großen Vaters«, reist Bürgermeister Sellner 1989 nach Ghana.
Wilhelm Maisch (1878–1924)
1897–1904 Missionshaus in Basel
1904–1924 Hoschuwan (China)
1911–1920 Distriktspräses
1921–1924 Generalpräses in Südchina; Führender Kopf der Baseler China-Mission
Wilhelm Maisch beginnt sehr früh, die Chinesen eigenverantwortlich in seine Missionsarbeit mit einzubeziehen. »Als ich hierher kam«, schreibt er nach Basel, »besorgte der Missionar alles. Das ist jetzt anders geworden. Jeder hat seine Last und seine Verantwortung zu tragen. So hat der Missionar nur die Oberaufsicht. Ich lasse ihnen nicht nur die Bürde, sondern auch die Würde. Dadurch ist das Verhältnis zwischen den Europäern und den Chinesen nicht schlechter, sondern entschieden besser geworden«.
Damit war die Zeit gekommen, dort die Mission auf eigene Füße zu stellen und eine eigenständige chinesische Kirche zu gründen. Darum schreibt er 1922 nach seiner zweiten Ausreise: »Eine ganze Periode der Missionsarbeit in China ist abgeschlossen, und eine neue nimmt ihren Anfang. Die Zeit ist allemal vorbei, wo ausländische Missionen und Missionare die Leitung der Arbeit ausschließlich in ihrer Hand halten.
Der Ausländer muss herunter von seiner beherrschenden Stellung, muss neben den Chinesen treten und ihn als gleichberechtigt anerkennen«. Nach 16 Jahren geduldiger Aufbauarbeit stirbt er am 25. Juni 1924 an Herzversagen. In 500 von ihm aufgenommenen Photos hat er Leben und Alltag der Chinesen festgehalten. Sie sind heute kostbarer Besitz des Stadtarchivs.
Weitere Missionare
Gottlob Christoph Däuble (1822–1853)

1843–1848 Missionshaus in Basel
1848–1853 Missionar in Ostbengalen (Indien)
Wilhelm Däuble (1824–1853)

1846–1851 Missionshaus in Basel
1851–1853 Missionar in Peki, Accra, Keta (Westafrika)
Karl Gustav Däuble (1832–1893)
1850–1855 Missionshaus in Basel
1856–1893 Missionar in Benares, Agra, Lucknow, Kangra Punjab (Indien)
Rosine Däuble (1828–1857)
1850 Heirat mit Missionar Stanger
1850–1857 Accra (Westatrika, heute Ghana; zusammen mit Johannes Zimmermann)
1857 auf Heimaturlaub gestorben

Friederike Däuble (1835–1914)
Lehrerin in Mangalore (Indien) Heirat mit Missionar Finkh (gestorben 1865)
1876 Heirat mit Johannes Rebmann in Korntal
Jakob Heck (1832–1866)
1851–1856 Missionshaus in Basel
1856–1866 Missionar in Christiansborg, Abokobi und Odumase (bei Johannes Zimmermann)
1860 Heirat mit Mina Rueff aus Winnenden
1866 zweite Heirat mit deren Schwester Catharina Louise
Christoph Zimmermann (1838–1890)
Lehrerseminar in Eßlingen
1856–1864 Odumase (Lehrer und Gehilfe seines Bruders Johannes Zimmermann)
1864–1868 Missionar in Abokobi (Westafrika, heute Ghana)
1870–1890 Pastor in Michigan (USA)
Gottlieb Zimmermann (1876–1919)

1896–1903 Missionshaus in Basel
1904–1914 Missionar in Akropong und Kumase (Westafrika, heute Ghana)
1918–1919 Innere Mission Württemberg
Jakob Maisch (1796–1825)

1818–1821 Missionshaus in Basel
1821–1825 Missionar in Burdawan (Bengalen; Indien). Maisch schildert wortgewandt das Leben indischer Menschen, ihre Kultur Sprachen und Religionen
Christian Gottlob Aldinger (1826–1899)

1849–1854 Missionshaus in Basel
1855–1866 Missionar in Talatscheri (Indien)
1866–1899 Missions- und Reiseprediger in Schwäbisch Hall
Rudolf Höhn (1874–1897)

1893–1896 Missionshaus in Basel
1896–1897 »Industriebruder« und Handwerksmissionar in Balghat (Indien), leitet dort eine Ziegelei
Gotthold Rometsch 1940
1966–1999 Entwicklungshelfer in Papua Neuguinea und Australien, lebt heute in Australien
Eckhardt Hauff 1944
Studium der Theologie
1985–1989 Dozent in Mbeya (Tansania), heute Pfarrer in Dornstadt
Dieter Klein 1950
seit 1979 Lehrer und Entwicklungshelfer in Papua Neuguinea, Kenia und Bangladesch
Hans Georg Hoprich 1955
1985–1996 Missionar in Papua Neuguinea
1996–1998 Leichlingen (Rheinland)
seit 1998 Auslandsmission des BEG in Österreich
James Rathlef 1896–1988
1961 Gründet in Gerlingen die »Vereinigte Deutsche Missionshilfe « (VDM)
1962 Gründet in Gerlingen die »Deutsche Indianer Pionier Mission« (DIPM), unternimmt viele Reisen nach Südamerika
Winfried Rathlef 1932
1964–1976 Missionar in Uniao (Brasilien/DIPM)
seit 1976 in Campo Grande
Reinhard Rathlef 1939
1965–1992 Missionar in Pirajui (Brasilien/DIPM)
1992–2002 Vorsitzender der DIPM
seit 2002 im Ruhestand, wohnt in Korntal
Angela Sarbach geb. Rathlef 1947
1972–1995 in Sizilien
seit 1996 in Oberitalien
Renate Triebel geb. Rathlef 1949
seit 1979 in Japan (VDM)